Seiten

Freitag, 5. September 2014

#4

Gestern musste ich wieder erst gegen 11Uhr im Büro sein, eine angenehme Zeit, denn schließlich lauf ich immer noch ca. 45min. zur Arbeit. (Mein Fahrrad kann ich noch nicht benutzen und außerdem bin ich zu geizig, mir als arme Freiwillige jeden Tag Bustickets zu kaufen ;-)  ) Dort habe ich dann weiter in dem dicken Ordner über "Civic Youth Work" gelesen, denn mit diesem Konzept werde ich schließlich auch arbeiten. Paul hat mir dann außerdem mein Macbook gegeben und alles dazu erklärt. Außerdem musste ich bei der Stromfirma anrufen und Bescheid geben, dass die Stromversorgung nun auf meinen Namen umgeschrieben werden soll (weil ich von all meinen Mitbewohnern am längsten im Haus leben werde) und wir auch weiterhin Strom brauchen. Debs hat mir dabei zum Glück geholfen, denn die Anrufe werden zuerst elektronisch beantwortet, wozu man eine Account Number braucht, die ich aber nicht hatte. Nachmittag gings für mich dann auf zu einer Art Sozialamt, um Wohngeld zu beantragen. Wer denkt, dass das in Deutschland lange dauert, täuscht sich, denn ich saß dort über eine Stunde und hab gewartet, bis einer der sechs Mitarbeiter Zeit für mich hatte. Dann ging aber alles recht schnell und ich soll wohl bald per Post Bescheid kriegen, schauen wir mal.
Danach stand ja eigentlich das Treffen mit der HAPANI Group an, die Mädchen mussten aber zum Zahnarzt und haben deshalb abgesagt. Das gute daran: Ich hatte genug Zeit, noch zu Tesco einkaufen zu gehen, so ein Kühlschrank füllt sich schließlich nicht von allein, auch wenn er bei drei bzw. vier Bewohnern schnell überfüllt ist. Mit Nuria hab ich auch noch lange gequatscht, am Wochenende werden wir dann wohl mal ein bisschen die Stadt und die Pubs erkunden. Außerdem ist am 13./14. September European Heritage Day, wo man ziemlich viele Sehenswürdigkeiten kostenlos besichtigen kann. Am 19. gibts in Belfast die "Cultural Night", wo über die ganze Stadt verteilt kleine kostenlose Events stattfinden und dieses Wochenende kann man hier in einem kleinen Kino kostenlos Independentfilme und Dokus sehen. Außerdem ist die Gegend, in der ich wohne, voller Studenten, es ist also immer etwas los.

Heute vormittag war ich bei einer Netzwerkkonferenz, "South Belfast Roundtable", bei der sich verschiedene Organisationen aus Belfast und Umgebung und sogar Vertreter schottischer Unis über Integrationsprojekte austauschen. Eigentlich sollte ich Debs um 9.45Uhr treffen, sie war aber etwas spät dran, weswegen ich mich dann schon einmal allein in das Gebäude begab und mich zum Konferenzraum durchfragte. Als ich mich vorstellen sollte und sagte, dass ich erst seit Montag hier bin, wurde ich auch gleich herzlich von allen begrüßt und später auch zum wöchentlichen "Belfast Friendship Club" eingeladen. Dort werd ich sicher mal vorbeischauen, wenn ich Zeit habe. Nach der Konferenz ging's dann zurück ins Büro und nachmittags zum "Malone College", die Schule von zwei Mädchen aus der HAPANI Group. Dort hatten wir alle zusammen einen Termin bei der Direktorin, die sich den Film der Mädchen (den ihr hier finden könnt) angesehen hat und wirklich beeindruckt davon war. Es wurde dann besprochen, was in der Schule verändert werden kann und was nicht und was bereits verändert wurde. Die Mädchen scheinen echt lieb zu sein, ich bin schon sehr gespannt, sie bald in den Gruppensessions kennenzulernen! Außerdem hab ich erfahren, dass es in Nordirland im Groben drei Sorten von Schulen gibt: Protestants Schools (staatlich), Catholic Schools (eher privat, von der katholischen Kirche) und Integrated Schools. (staatlich, dort spielt die Religion der Schüler keine Rolle, Schüler aller Religionen gehen dort hin) Ein weiterer Effekt des Konflikts.
Später war ich dann bei einer Jugendgruppe des "Beyond the Margins" Projekts dabei, was ziemlich interessant war. Acht Jungs voller Energie stürmten in den Raum, machten sich über die Pizza her und redeten im stärksten Akzent, den ich hier bis jetzt gehört habe, miteinander. Ich habe kaum ein Wort verstanden, eine ehrenamtliche Betreuerin der Gruppe, die aus Belfast kommt, hat mich aber beruhigt, dass selbst sie manche Sachen nicht versteht. Die Jungs kommen aus einer protestantischen, eher rauen Gegend, in der der Konflikt wohl noch eine größere Rolle spielt, vermute ich. Sie sind echt ne lustige Truppe, aber ziemlich wild drauf und ecken auch mal bei der Polizei an, das versucht das Projekt, zu ändern.
Nach dieser Gruppe kam schließlich noch die WIMPS Gruppe, bei der ich auch dabei war. Keine Sorge übrigens, sobald ich genug Zeit habe, werde ich unter dem Punkt "about" näher erklären, was genau ich in dem Projekt alles mache und was "Public Achievement" für eine Organisation ist. Die Jugendlichen bei wimps sind wiederum ganz anders drauf, sie reden viel über Politik und haben mich auch über die deutsche Poitik ausgefragt und beschäftigen sich mit Journalismus und Medien. Das war heute also ein sehr abwechslungsreicher und vor allem langer Tag. Dafür muss ich morgen nur vormittags oder nachmittags ins Büro, wie ich will.

Die Leute hier sind wirklich alle super lieb, bis jetzt habe ich noch keine unsympathischen Personen kennengelernt. Sie nehmen einen sehr herzlich auf und versuchen, nicht zu schnell und undeutlich zu sprechen, was sie natürlich trotzdem nicht immer schaffen. Aber ich bin mir sicher, dass ich mich bald dran gewöhne, manchmal klappt's schon ganz gut. Immerhin wurde mein Englisch heute gelobt und mir wurde gesagt, ich hätte keinen deutschen Akzent, was mich verständlicherweise echt freut. ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen