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Sonntag, 26. Oktober 2014

#12 - ON ARRIVAL TRAINING

So, hier kommen nun auch die Infos über mein On Arrival Training und alles, was ich in der letzten Woche sonst noch so erlebt habe.

Vom 16.10.-19.10. ging es also mit 14 anderen EFD Freiwilligen aus Belfast nach Bushmills, an die Nordküste Nordirlands. Das war eine ziemlich internationale Angelegenheit, denn neben Deutschland waren auch Russland, Armenien, Rumänien, Italien, Spanien, Österreich, Portugal, Frankreich und sogar Argentinen vertreten. Das On Arrival Training ist ein fester Bestandteil des Europäischen Freiwilligendienstes und dient dazu, die Freiwilligen im jeweiligen Land zusammenzubringen und sie über Rechte und Pflichten, Bürokratie, Kultur, Politik und Geschichte des Landes aufzuklären. Außerdem wird darüber gesprochen, welche Probleme auftreten könnten und wie man diese lösen kann und welche Ziele wir für unser Jahr haben. Wir haben unsere Projekte und unsere Heimatstädte vorgestellt, was sehr interessant war, am letzten Tag sollte außerdem jeder einen Brief an sich selbst schreiben - wie wir uns gerade fühlen, welche Pläne und Ängste wir haben und welche Komplimente wir uns gerade selbst machen würden. Diese Briefe öffnen wir dann bei unserem Mid Term Training wieder, ich bin sehr gespannt, wie das sein wird!

Am ersten Tag sind wir alle zusammen in einen Pub gegangen und haben bei einem Pub Quiz mitgemacht - meine Gruppe hat sogar gewonnen, was ziemlich cool war! Außerdem konnten wir die lokale Küche ein bisschen näher kennenlernen - es gab Fish&Chips, wir haben Irish Stew (eine Art Eintopf mit Kartoffeln, Möhren und Rindfleisch) zusammen gekocht und es gab Apfelkuchen. Mein Chips (hier sind das ja Crisps) konsum ist außerdem ins Unermessliche gestiegen, so ist das hier eben. Wir hatten auch die Aufgabe, an einem Abend alle zusammen für die ganze Gruppe zu kochen, was ziemlich viel Spaß gemacht hat! Es gab Nudel-Gemüse Gratin und Brokkoli-Tomaten Salat (ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass dieser Salat so gut schmecken kann!) und allen hat es super geschemckt.

Eine Tea Party wurde auch organisiert, es gab Potato und Soda Bread, typische Süßigkeiten, Crisps, eine Art Marshmallowküchlein und etwas, das unserem Weihnachtsstollen sehr ähnlich war. Außerdem hat jeder ein kleines Geschenk bekommen, dass einer bestimmten Kategorie zugeordnet war (Musik, Industrie, Literatur, Politik, Sport und Landschaft) und so wurde uns ganz nebenbei zu all diesen Sachen viel Wissenswertes erzählt.
Über die Politik in Nordirland erfahre ich ja schon auf Arbeit ziemlich viel, trotzdem wusste ich nicht, dass es beispielsweise jeden Samstag eine Demonstration für den Union Jack vor der City Hall gibt (2012 wurde entschieden, dass die Flagge nur noch an bestimmten Tagen im Jahr auf der City Hall zu sehen sein soll, was viele Proteste ausgelöst hat) und jede einzelne Nacht des Jahres, überzeugte Loyalists (pro britisch) auf der Crumlin Road eine Demonstrationsparade abhalten. Nordirland hat außerdem eine große Musikszene, bekanntere Bands sind z.B. Two Door Cinema Club, Snow Patrol oder auch And So I Watch You From Afar. Wir haben uns auch ein Video eines Rappers aus Belfast angesehen: https://www.youtube.com/watch?v=MVC9iRRF05M  Es ist schon ziemlich aggressiv, aber es spiegelt die Stimmung im Konflikt ganz gut wieder, glaube ich.
Außerdem wurde der Autor von Narnia, C.S. Lewis, in Belfast geboren und Game of Thrones wird in Belfast und Nordirland gedreht, man kann sogar Touren zu den einzelnen Drehorten buchen.

Ein berühmtes Symbol auf der nordirischen Flagge ist außerdem die "Red Hand of Ulster" und die Geschichte/Sage dahinter möchte ich ganz kurz erzählen, da ich die ganz interessant fand.
Und zwar gab es einmal keinen rechtmäßigen Herrscher über das Königreich Ulster (Provinz im heutigen Nordirland und einem Teil Irlands) und so kam es zu einem Wettkampf zwischen einem Mitglied der Familie O'Neill und der Familie O'Donnell. Die Aufgabe war ein Wettrennen und wessen Hand zuerst den Boden von Ulster berührt, ist der Gewinner und Herrscher über Ulster. Der Vertreter der O'Donnell Familie hatte dabei zuerst einen großen Vorsprung und war kaum noch einzuholen, also entschied der Vertreter der O'Neill Familie, sich eine seiner Hände abzuschneiden und sie so weit zu werfen, dass sie als erste den Boden von Ulster berühren würde. Dieser Plan ging tatsächlich auf und so war er der Gewinner des Wettkampfes und die blutige Hand (Red Hand of Ulster) das neue Symbol von Ulster.

Außerdem haben wir die Bushmills Destillery besucht und eine Führung mit anschließender Whiskeyverkostung (jeder durfte sich eine Sorte aussuchen) mitgemacht und auch den Giant's Causeway durfte ich noch einmal sehen. Diesmal war es unglaublich windig, deshalb durfte man nicht auf alle Steine klettern, denn manchmal wurde man wortwörtlich schlichtweg "weggeblasen", was ziemlich gefährlich werden kann, insbesondere wenn die Steine auch noch rutschig vom Wasser sind.








Da ich wegen dem Training über das Wochenende keine "Freizeit" hatte, durfte ich sogar zwei Tage frei nehmen, dadurch hatte ich wenigstens endlich Zeit, mich bei einem Arzt registrieren zu lassen. Meine EFD Versicherung brauch ich überhaupt nicht, da jeder EU Bürger hier kostenlos behandelt wird, was ziemlich praktisch ist. Außerdem haben Patrick und ich Flammkuchen gemacht und ich konnte ein paar Dinge einkaufen. Zusammen mit Jennifer (Praktikantin auf Arbeit, sie kommt aus Spanien) war ich Mittwoch außerdem bei einem Konzert vom Belfast Festival at Queens, wofür ich Karten gewonnen hatte. Das Ganze fand in einer alten Presbyterianischen Kirche statt und alles war super gemütlich dekoriert, mit Sesseln für einen Teil der Zuschauer und Vintage Stehlampen auf der Bühne. Zwei Künstler sind aufgetreteten - ein Singer Songwriter (Gareth Davies Jones) und ein Blues Musiker ( Harry Manx), beide waren wirklich ziemlich gut! Mit Jennifer war ich Freitag auch wieder in Stormont, bei einem Seminar über die Arbeit der Ausschüsse und einer anschließenden Fürung. Es war sehr interessant, aber manchmal dann doch schwer zu verstehen, weil die Vokabeln einfach sehr spezifisch sind.

Außerdem war ich Freitag und Samstag beim Coach Training meiner Organisation. Ich arbeite zwar bereits mit Gruppen, aber trotzdem gibt es noch einiges zu lernen und es war echt hilfreich, würde ich sagen. Außerdem sind die neuen Ehrenamtlichen alle sehr nett, ich freue mich also schon auf das nächste Training in zwei Wochen.

Gestern Abend haben wir dann noch Kürbisse geschnitzt, nur auf die Kürbissuppe muss ich noch bis heut Abend warten, denn gestern hatten wir einfach keinen Hunger mehr. Dafür sind unsere Halloweenkürbisse super schön geworden, finde ich zumindest. Wie wir Halloween verbringen, wissen wir noch nicht so ganz. Derry wäre schon ziemlich gut, nur gibt es keine Unterkünfte mehr, deswegen überlegen wir, ob wir einfach nach dem Feiern wieder nach Belfast fahren. Schauen wir mal.



Dienstag, 21. Oktober 2014

#11

Je länger ich hier bin, desto beschäftigter und abgelenkter bin ich und so bleibt kaum Zeit zum bloggen - sorry dafür!
Die letzten Wochen waren wieder sehr spannend, die Arbeit mit den Gruppen macht viel Spaß und ich komme auch wieder viel rum. Im Moment gibt es eine große Kampagne für das Wahlrecht ab 16, denn beim schottischen Referendum durften auch 16- und 17-jährige mitentscheiden und in dieser Altersgruppe gab es eine Beteiligung von über 80%, was beweist, dass man in diesem Alter eben nicht grundsätzlich politisch desinteressiert sein muss, oft macht eben nur das Thema der Wahl einen erheblichen Unterschied. Zu diesem Zweck waren wir wieder in Stormont, dem nordirischen Parlament, um Abgeordnete und Minister zu ihrer Meinung zu diesem Thema zu befragen. Die endgültige Entscheidung über das Wahlalter liegt jedoch beim Parlament in London. Es war sehr interessant, auch wenn leider kein einziger Abgeordneter der DUP (Democratic Ulster Party), UUP (Ulster Unionist Party) oder DUV (Traditional Unionist Voic) kam, um uns zu erklären, warum sie gegen das Wahlrecht ab 16 sind. (diese Parteien sind gegen das WAhlrecht ab 16) Das Ergebnis könnt ihr hier sehen.
Zum Theme Vote at 16 war übrigens auch das BBC in unserem Büro und hat Jugendliche aus unseren Gruppen zu ihrer Meinung befragt, am nächsten Tag gab es dann einen Beitrag im nordirischen BBC zu sehen, den man auch hier noch einmal ansehen kann.
Passend zum World Animal Day wurde außerdem ein Artikel von mir auf der WIMPS Website veröffentlich, den ihr hier lesen könnt.

So, jetzt aber mal Schluss mit den ganzen Links! Ich war bis jetzt bereits einmal beim Irish Language Kurs und es war super interessant, aber diese Sprache ist echt kompliziert und hat für mich sehr wenig mit Englisch gemeinsam. Der Kurs findet immer freitags statt, die letzten Wochen war ich da aber leider immer beschäftigt, hoffentlich komm ich dann noch hinterher.

Mene Kollegin Bronagh hat mich nach der letzten Volunteer Fair mit ihrem Auto mal in ein paar Interface Areas gefahren und mir ein wenig darüber erzählt. Interface Areas sind die Gegenden in Belfast, in denen protestantische und katholische bzw. loyalist und nationalist areas aufeinandertreffen. Eine der berühmtesten ist wohl die Falls-Shankhill Area in West Belfast mit einer riesigen Mauer. Von diesen sogenannten "Peace Walls" habe ich zwar schon vorher gelesen, aber irgendwie ist es doch etwas anderes, wenn man dann direkt vorbei fährt. Die Zäune sind oft unglaublich hoch, um zu verhindern, dass beispielsweise Backsteine oder Molotov Cocktails auf die andere Seite geworfen werden. Viele dieser "Peace Walls" wurden auch tatsächlich erst nach dem Good Friday Agreement 1998, also mit Beginn des Friedensprozesses, gebaut, denn egal wie gruselig sie manchmal aussehen mögen, für die Menschen, die in diesen Gegenden leben, bedeuten sie Sicherheit. Viele Menschen sind dort während des Konfliktes aufgewachsen und haben die andere "community" eben als Feind kennengelernt - ihnen wurde eingetrichtert, nicht in bestimmte Gegenden zu gehen, weil sie von dort womöglich nicht oder verletzt zurückkehren würden und das wird teilweise auch heute noch von Eltern an ihre Kinder weitergegeben. Viele Jugendliche bleiben einfach in ihren Stadtteilen und oftmals entweder ein Leben lang oder sie ziehen für immer weg, sobald sie auf eigenen Beinen stehen können. Deswegen ist es für sie dann auch spannend, wenn sie erfahren, dass ich aus Deutschland komme, denn meistens treffen sie nur Menschen aus "ihrem" Viertel. Interface Areas sind oft auch Stadtteile mit viel Armut und niedrigem Bildungsniveau, wer es sich leisten kann, zieht in andere Gegenden. In manchen Bereichen der Shankhill Road ist es normal, wenn Kinder mit ca. 12 Jahren nicht mehr (regelmäßig) zur Schule gehen, deswegen ist es beinahe ein Wunder, dass die Jungs aus unserer Shankhill Jugendgruppe, ihre GSCEs (10. Klasse Abschluss) ablegen oder teilweise die A Levels (Abitur) beginnen. Sie wollen übrigens eine Dokumentation darüber drehen, wie es ist, an der Shankhill Road aufzuwachsen.

Das sind ein paar Fotos von der Peace Wall:

  


Zum Irish Dancing haben wir es die letzten Wochenenden nicht geschafft, dafür waren wir aber wieder auf dem St. George's Market, haben Pflaumenknödel gemacht oder eben einfach abends die Pubs erkundet. Mit Rory hab ich außerdem zusammen Gitarre gespielt, da hat es sich doch wenigstens gelohnt, sie mit herzubringen. Es ist echt schön, wenn sich mit den Leuten hier so ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt.

Außerdem hatte ich auch meine ersten beiden Urlaubstage und gleichzeitig meine ersten Urlaubstage überhaupt! Irgendwie genießt man die ja schon mehr als Ferien, wenn man weiß, dass man eben eine begrenzte Anzahl an freien Tagen hat. Es ist auch ziemlich cool, für etwas, das einem Spaß macht, Geld zu bekommen, auch wenn ich ja kein richtiges Gehalt in dem Sinne bekomme. Die Urlaubstage habe ich natürlich gut genutzt, mein Freund war zu Besuch und gemeinsam haben wir z.B. eine dieser typischen Hop on - Hop off Touren gemacht. Das war ziemlich abenteuerlich, denn man ist mit diesem Open Air Doppeldecker Bus auch mal eben über die Bundsstraßen gefahren. Neben Stormont, haben wir auch das Titanic Quarter, Falls/Shankhill und die Innenstadt gesehen und es gab immer noch genug Sachen, die neu für mich waren. Besonders die Murals finde ich immer wieder interessant, sie sind so aussagekräftig und beeindruckend! Ich muss aber sagen, dass ich die in den katholischen Gegenden meist schöner finde - sie behandeln eher internationale Freiheitskämpfer oder Menschenrecht, während die protestantischen Murals oft Soldaten und Kriegsthemen zeigen, die Royals sieht man aber auch ab und an.












Da das Wetter super gut war, sind wir außerdem auf den Cave Hill geklettert. Von dort hat man eine super Aussicht über Belfast und Belfast Lough. Egal wie anstrengend der Aufstieg sein mag, diese Aussicht entschädigt für alles!






Am Sonntag waren wir dann wieder beim St. George's Market und am Montag gab es ein absolutes Highlight - eine Tour zum Giant's Causeway! Vorbei am Carrickfergus Castle, Carrick a Reed Rope Bridge, Dunluce Castle und der Bushmills Whiskey Destillery. Glück mit dem Wetter hatten wir auch noch und so konnten wir Nordirland von seiner schönsten Seite bewundern.












Von Donnerstag bis Sonntag hatte ich außerdem endlich mein On Arrival Training, da es jetzt aber schon echt spät ist, pack ich alle Infos darüber einfach in einen seperaten Post. So bleibt wenigstens die Spannung gewahrt. ;-)